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Die 10. Sinfonie remix
4. Dezember 2021 | 18:00 – 22:00
Mit „Die 10. Sinfonie remix“ findet die Trilogie „Wir sind so frei #1 – #3“ der Berliner Opernkompanie Novoflot zu 250 Jahren Beethoven ihren Abschluss und annonciert gleichzeitig ihre Fortführung in eine – ungewisse – Zukunft.
Zwischen Oper und Klavierkonzert, musiktheatraler Ausstellung und Sinfonie, philharmonischer Raumerkundung und neu komponierter Musik entstand das Projekt „Wir sind so frei #1 – #3“ in den Jahren 2020/2021. Unterschiedlichste Instrumentalensembles, Sänger:innen und Performer:innen dachten Aspekte der eigenwilligen kompositorischen Praxis Ludwig van Beethovens konsequent weiter und erkundeten sie szenisch in extremen räumlichen Dispositionen. Die Uraufführungen aller drei Teile – #1 Fidelio / #2 ∞, ma non troppo / #3 Die 10. Sinfonie – konnten auch unter Pandemiebedingungen seit März letzten Jahres in Köln und Berlin realisiert werden.
„Wir sind so frei #3 Die 10. Sinfonie“ wurde für die Räumlichkeiten der Kölner Philharmonie und den Admiralspalast in Berlin konzipiert. Dieses Musiktheater für Orchester, Gesangstrio, Performer:innen-Ensemble, Jazzband und Videoperformer spannt einen musikalischen Bogen von Beethovens späten Streichquartetten über Ausschnitte aus op. 125 bis hin zu seinem Fragment der 10. Sinfonie und den Uraufführungskompositionen von Michael Wertmüller. Die Textgrundlage zu dieser Erkundung offener Strukturen eines noch nicht vollendeten Werkes verfasste die Berliner Autorin Gesine Danckwart.
Für die Eröffnung weiterer Präsentationsoptionen schreiben Novoflot das Projekt nun fort und lassen es als Remix wiederkehren. Jenseits der bereits etablierten und in Corona-Zeiten viel praktizierten Möglichkeiten des Streamings entsteht in unserem Fall ein digital-analoges Hybridformat, das die digitale Wiederkehr des Ausgangsmaterials mit Life-Momenten unserer Performer verknüpft.
Beginnend mit einem über eine Smartphone-App getriggerten Video- Audio-Walk entlang der Schaufenster und durch die Häuserschluchten um das Haus der Statistik, führt der Parcours das Publikum in die Werkstatt des Ende der 1960er Jahre entstandenen Gebäudekomplexes vis-à-vis vom Alexanderplatz. Hier werden in einer frei begehbaren Installation Mirko Borscht (Video und Performance), Eric Schaefer (Schlagzeug) und Chris Dahlgren (Bass) das kompositorische und textliche Ausgangsmaterial von Michael Wertmüller und Gesine Danckwart im Life-Act überlagern, neu justieren und einem Remix unterziehen.
Ludwig van Beethoven war bekannt für die permanenten Fortschreibungen seiner Kompositionen. Auch war er einer der großen Klavierimprovisateure seiner Zeit. Das verbindet sein Schaffen mit Michael Wertmüller. Die jeweiligen Improvisationen gehören zum kompositorischen Kontext bei „Die 10. Sinfonie remix“. Sie sollen sich innerhalb der nächsten Monate und Jahre in wechselnden personellen Konstellationen weiter entwickeln.
Die Autorin Gesine Danckwart schuf ihr Textkonvolut während des ersten Lockdowns im Jahr 2020 und hinterließ viele Spuren Corona-bedingten Daseins. Dem stellte sie die Frage gegenüber, was denn nach der großen Ode an die Freude in der 9. Sinfonie zum 250. Beethoven-Geburtstag folgen kann, über zwei Jahrhunderte nach dem Mythos der Aufklärung, an dem auch Beethoven schon zu Lebzeiten in nachnapoleonischer Enttäuschung verzweifelte.
Im März 2020 war nicht zu erwarten, welch katastrophale Entwicklung die Pandemie nehmen würde. Aber so, wie Beethoven angetrieben wurde von einer unablässigen Neugier auf das Widersprüchliche, nehmen Novoflot die Prophetie auf, die in Danckwarts Stoff steckt. Auch hier geschieht eine Fortschreibung der ursprünglichen textlichen Komposition, erfolgen Überlagerung und Neujustierung.
„Die 10. Sinfonie remix“ ist angelegt als sich permanent entwickelnder Parcours aus Text, Musik, Video, Performance und Situation des Spielortes, streng choreografiert und doch frei und flexibel in der jeweiligen Ausführung; Kunstproduktion in Zeiten größtmöglicher globaler Unsicherheiten.